Gefühlte Wissenschaften
Helmut Jungwirth Mikrobiologe und Hochschullehrer, wissenschaftlicher Leiter des Geschmackslabors, sowie Leiter der 7. Fakultät an der Uni Graz, Professor für Wissenschaftskommunikation, Mitglied der Wissenschaftskabarettgruppe Science Busters. Mit seinem Hund Woody auf Instagram unter @letsdogabout.science im Interview über zeitgemäße Wissensvermittlung in kurzweiliger Form.
In verschiedenen zielgruppenspezifischen Formaten liefern sie erlebnisorientierte Wissenschaftskommunikation, – bei der das emotionale Erleben von Wissenschaft im Fokus steht. Was ist Ihre Intention?
Helmut Jungwirth: Mein persönliches Anliegen: „Wissenschaft für jeden Menschen verständlich zugängig zu machen! Wissenschaftskommunikation muss faszinieren. Die große Kunst liegt darin, Wissenschaft und Forschung spannend und verständlich zu vermitteln. Science Slams, wissenschaftliche Kochkurse und das Wissenschaftskabarett sind perfekte Beispiele dafür, dass durch Humor und Unterhaltung der wissenschaftliche Aspekt aber keinesfalls verloren geht. „Sehen, staunen, lachen, ausprobieren, das sind wesentliche Bestandteile, wenn es darum geht wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln. Das Wissenschaftskabarett ist dafür ein perfektes Tool, Wir versuchen wissenschaftliche Fakten in Geschichten zu verpacken, mit einer Dramaturgie dahinter. Wir wollen Wissen vermitteln und dabei unterhalten. An der „7. Fakultät“ der Uni Graz haben wir unter anderem die Mitmach-Labore für Interessierte aller Altersgruppen aufgebaut. Das Geschmackslabor ist ein Mitmachlabor, in dem man mehr über die Bereiche Kochen, Geschmack, Aroma und der molekularen Küche erfahren kann. Unser Ziel ist es die wissenschaftlichen Vorgänge, die während des Kochens ablaufen, für Interessierte einfach und verständlich aufzubereiten und zu vermitteln, wie etwa in Form von wissenschaftlichen Kochkursen. Wir wollen aufzeigen, dass es lohnenswert und interessant ist, über Wissenschaft Bescheid zu wissen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind die Grundlage für viele Entscheidungen, die unsere Gesellschaft tagtäglich zu treffen hat. Und je mehr wir Menschen über die wissenschaftlichen Hintergründe Bescheid wissen, desto besser können wir selbst Entscheidungen treffen, und müssen sie nicht anderen überlassen. Deshalb sollte es allen Menschen ein Anliegen sein, sich über Wissenschaft zu informieren.
Sie bedienen sich dabei neben der „klassischer“ medialen Vermittlung, wie Fernsehen oder Theater, auch der digitalen Kommunikation und sozialen Medien.
Helmut Jungwirth: Wissenschaftsvermittlung ist meiner Meinung nach so wichtig, wie die Wissenschaft selbst. Ihr Anliegen muss es sein, möglichst viel Wissen in die Welt zu bringen. Je mehr Menschen über echtes Wissen verfügen, desto besser sind sie gegen Fakenews gewappnet. Das Angebot an Wissen ist durch das Internet extrem gewachsen. Einerseits ist es fantastisch, dass eine niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeit und damit das Potenzial der Teilnahme vieler verschiedener Menschen an Wissenschaft zur Verfügung steht, andererseits wächst natürlich auch das Angebot an falschen Aussagen. Dummheit und Wissen, beides gab es schon immer. Früher blieb es jedoch lokal verortet. Heute haben sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit ihre Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen, als auch Menschen, die gezielt, oder aus Unwissenheit falsche Fakten in die Welt streuen. Dieses Tool sollte von Wissenschaftlerinnen genutzt werden um diesen Fakenews entgegen zu wirken. Wenn Menschen verstehen und Wissenschaft wirklich erleben, können sie sich gegenüber derartigen Falschaussagen verteidigen. Das beste Medium zur Erreichung junger Menschen ist für mich Instagram. Mit meinem Hund Woody bin ich unter zu finden, wo ich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Minute zu einem Thema befrage. Meiner Erfahrung nach ist es sinnvoll, wenn Menschen einen Bezug zur Person hinter dem Beitrag aufbauen können. Das ist wichtig, weil es ja auch um ein Feedback geht. Und ein Dialog findet leichter statt, wenn die Leute das Gefühl haben, dass auf der anderen Seite jemand ist, mit dem sie reden und auch Fragen stellen können. „Das Motto der Science Busters ist ja nicht umsonst, „Wer nichts weiß, muss alles glauben.” Das ist genau das, worum es geht. Je mehr die Menschen wissen, desto weniger sind sie auf Glauben angewiesen.“
Beitragsbild: ORF – Hubert Mican
Fotorechte: Ingo Pertramer
Grafik; Büro Alba